*

Ausstellung Bianka Schröder
Salzkirche Werben(Elbe)
12.10.-26.10.2013
Gespräch Ingrid Bahß/Bianka Schröder
9.September 2013

Bianka, Du zeigt im Oktober dieses Jahres in der Salzkirche Werben Deine Arbeiten.
Wie ist es zu dieser Ausstellung gekommen?

Ingrid und Dietrich Bahß haben mich darum gebeten.
Ich habe mir den Ausstellungsraum angeschaut und hatte sofort Gefallen an ihm.
Die Salzkirche entspricht meinem Vorstellungen ganz und gar.
Es war schon immer mein Wunsch, meine Bilder in einem sakral geprägten Raum zu zeigen.
Auch meinen Bildern ist etwas Sakrales eigen.
Hinzu kommt, daß die Salzkirche über genügend Tageslicht verfügt.
Jede Arbeit braucht genügend Raum für sich, danach wird sich die Anzahl der Arbeiten richten, die ich zeigen werde. Dem Raum und den Arbeiten darf nichts Schlimmes angetan werden.

Du bist vor kurzem von Köln nach Hamburg gezogen.
Ich erinnere mich an ein Gespräch in Deinem Atelier in Köln-Kalk. Du meintest, daß ein guter Zeitpunkt herangekommen ist, Deine neuesten großen Arbeiten der Öffentlichkeit vorzustellen. Dieser Wunsch hat mit unserer Vorstellung zusammengepaßt, Deine Arbeiten in Werben zu zeigen.

Deine Erinnerung stimmt.
Meine Arbeiten waren im Format wieder größer geworden, sie waren reif für eine Ausstellung. Ich hatte das Gefühl, daß sie dem Publikum standhalten können, was ihre Qualität betrifft.
Ingrids und Dietrichs Angebot, in Werben auszustellen, kam in diesem Sinne zum richtigen Zeitpunkt.

Wie ist Dein Lebensweg bis heute verlaufen?

Ich bin 1981 in Hamburg geboren.
Nach dem Abitur habe ich mich längere Zeit auf Island aufgehalten, um mir über meinen Weg klarzuwerden.
Ein Ortswechsel von Hamburg war wichtig für mich.
Dann kam eine prägende Zeit in Island. Dort habe ich die wunderbaren Farben des Himmels, die Polarlichter kennengelernt. Die zauberhafte brüchige Landschaft, platt und weit hinten die Berge…
In der „Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft“ habe ich dann Malerei studiert.
Nach dem Studium bin ich nach Köln gegangen.
Köln war eine Großstadt mit einer lebendigen Kunstszene.
Alexandra, die Sängerin des heutigen Tages, lebte damals auch in Köln, ich hatte also schon einen ersten guten Kontakt.
Nun komme ich ja aus einer Stadt mit einem Fluß. Es war mir wichtig, nun wieder in einer Stadt zu leben, durch die ein Fluß fließt.
Ein Atelier habe ich auch gefunden.
In Köln habe ich 6 Jahre gelebt. In den letzten Jahren im Kölner Stadtteil Kalk. Das ist ein Arbeiterviertel mit einem hohen Anteil an ausländischer Bevölkerung. In den letzten Jahren ist dort eine lebendige alternative Kulturszene herangewachsen. Viele junge Künstler, die sich teure Wohnungen und Ateliers nicht leisten können, leben dort und beleben den Stadtteil mit Lesungen, Ausstellungen, Theateraufführungen, Konzerten. Mein Atelier befand sich mitten im Stadtteil.

Ich kenne Dich schon einige Jahre. Dein Weg zur Kunst würde mich interessieren.

Als Kind habe ich einen großen Teil meiner Zeit damit verbracht, zu malen und zu zeichnen. Ich hatte einen Kunstlehrer, der mich ermutigt hat. Er war ein wichtiger Wegbegleiter auf meinem Weg zur Malerin. Für mich war es schon früh klar, daß ich einmal Kunst studieren möchte.
Die „Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft“ war dann für mich genau der passende Ort, um Malerei zu studieren. Neben der Ausbildung in der Malerei bekam ich dort viele Impulse für meine Persönlichkeitsentwicklung. Es ging immer darum, den Raum für die Entwicklung individueller Persönlichkeiten zu öffnen.
So entstanden kreative Freiräume, die meiner künstlerischen Entwicklung gut bekommen sind.
Meine Dozenten Andreas Reichel und Uwe Battenberg haben mir wichtige Impulse gegeben.
Sie schickten unsere Blicke und Gedanken in bisher unbekannte Richtungen.
Ihr Anspruch und ihre Ernsthaftigkeit haben mich sehr beeindruckt.

Wo findest Du Deine Themen, wie ist Deine Arbeitsweise?

Einen spürbaren Einfluß auf meine Persönlichkeitsentwicklung/meine Arbeiten hat die Beschäftigung mit dem Enneagramm.
Das Enneagramm unterscheidet 9 verschiedene Persönlichkeitstypen und beschreibt ihre Beziehungen zueinander. Der amerikanische Franziskanerpater Richard Rohr und der Psychologe Arno Gruen haben Bücher veröffentlicht, die von großer Bedeutung für mich sind.
Vieles was sich heute als normal eingebürgert hat, ist nicht gesund für den Menschen.
Machtspiele sind ein gutes Beispiel. Wenn sich ein Mensch auf Kosten anderer in ein gutes Licht stellt. Für mich ist die Sicht auf den Menschen als Träger, als Bote von wertvollen, fast vergessenen grundlegenden Lebensweisheiten wichtig und interessant.
Meine Bildthemen entnehme ich dem Alltag, den Begegnungen mit Menschen, dem Erleben ihrer Verhaltensweisen.
Ich bemühe mich darum, diese Verhaltensweisen zu analysieren, zu verstehen zu „entkleiden“ und sie in ihrer „Reinheit“ darzustellen.
Hierfür bietet sich meine Malweise in Ei-Öl-Tempera-Farbe an. Ich verwende ganz bewußt organische Farben. Sie haben eine Temperatur, eine Wärme. Nuancen können herausgearbeitet werden. Mit diesen Farben kann ich eine Nähe zum Menschen herstellen.
Farbklänge, Farbtemperaturen sind mir wichtig.
In der letzten Zeit habe ich mit Farben experimentiert, habe neue Farbzusammenstellungen ausprobiert. In älteren Arbeiten finde ich oft Risse in der Farbe. Das mag ich sehr.
Gesten spielen in meinen Bildern eine wichtige Rolle.
Es wurde einmal gesagt, daß meine Bilder an Madonnen erinnern.
Tragik, Komik, Lust, Lebenslust, Trauer…all das, was uns Menschen ausmacht und uns lebendig sein läßt, interessiert mich als Malerin.

Hier kann ich meine Frage nach Deiner Arbeitsweise anschließen.

Am Anfang eines Arbeitsprozesses habe ich niemals ein fertiges Bild vor dem inneren Auge.
Ich kann eher sagen, daß es am Anfang eine Vision gibt. Dann lege ich los.
Je mehr meine Vision eine Gestalt annimmt, je erleichterter, zufriedener und glücklicher bin ich.
Während des Arbeitens kann sich die Vision verändern. Formen und Farben werden in einem fortlaufenden Prozeß sortiert. So entsteht immer mehr Tiefe. Ein Arbeitsschritt folgt dem nächsten.
Eine leere große Leinwand ist für mich eine ungeheure Herausforderung.
Nichts anderes kam für mich je in Frage als mich ganz und gar der Malerei zu widmen.
Ich hatte das große Glück, in Lehrern und Dozenten an meiner Schule und an der Hochschule Lebensbegleiter gefunden zu haben, die mein Talent erkannt haben und mich auf meinem Weg zur Malerin begleitet haben.

Gibt es Künstler, zu denen Du einen engen Bezug hast?

Egon Schiele, Nikolas de Stael aus Frankreich. Auch Willi Baumeister hat mir viele Impulse für mein eigenes Schaffen gegeben.
Im Bereich der Literatur sind es eher Gedichte, Liedtexte, die mich inspirieren. Zum Beispiel liebe ich die Lieder von Bob Dylan sehr. Genauso die Musik der Rolling Stones und von Neil Young.
Während des Malens oder in der Freizeit höre ich außerdem mit Vorliebe klassische Musik von Johann Strauß, Tschaikowski. Die Hamburger Band „Fink“ hat es mir ebenfalls angetan.

Hattest Du die Möglichkeit, Deine Arbeiten in Ausstellungen zu zeigen?

Ja, neben einigen kleineren Ausstellungen konnte ich meine Arbeiten im Kunstverein Erftstadt zeigen. Eine Ausstellung, die mir besonders viel bedeutet hat, war eine Einzelausstellung im Kunstverein Linz. Dann gab es für mich bedeutsame Ausstellungen im Frauenmuseum in Bonn, in Köln im Zündorfer Wehrturm. Nicht zu vergessen die Ausstellung in der Galerie im Turm in Köln. Gerne erinnere ich mich auch an ein gemeinsames Projekt mit 3 anderen Künstlerinnen.
Wir vier haben gemeinsam 13 Bilder gemalt.
Derzeit sind Bilder von mir in einem Krankenhaus in Linz zu sehen. Der leitende Professor und ich stimmen damit überein, daß Bilder in Kliniken und Krankenzimmern dazu beitragen können, zu heilen. Es freut mich sehr, dort meinen Beitrag leisten zu können.

Es ist allgemein bekannt, daß es wenige Künstler gibt, die von ihrer Kunst leben können.
Wie hältst du dich über Wasser?

Nach dem Studium hatte ich verschiedene Jobs, die mir zum Glück alle Spaß gemacht haben.
Als Gärtnerin hatte ich mit Pflanzen und vielen schönen Farben zu tun. Mir hat es gefallen, eine bodenständige Arbeit zu haben und mich in Geduld zu üben, wenn darauf zu warten war, daß die Pflanzen wachsen.
Im Cafe Journal, wo ich als Kellnerin gearbeitet habe, habe ich Ingrid und Dietrich Bahß kennengelernt. Sie waren dort meine Stammgäste. Das war ein sehr schönes Lesecafe, in dem auch Ausstellungen, Lesungen stattgefunden haben. Dietrich und Ingrid waren dort engagiert und haben auch selbst ausgestellt. Im Cafe habe ich die Offenheit genossen, ich habe Leute kennengelernt. Ein schönes Cafe, deren Inhaberin Maria nun schon mehrere Male in Werben war.
Bevor ich nach Hamburg ging, habe ich an einer Kölner Schule mit Schulkindern im Schulgarten gearbeitet. Auch diese Arbeit hat mir großen Spaß gemacht.

Du hast im Jahre2006 den „Valentine Rothe Preis“ für Künstler bis zum Jahrgang 1971 bekommen.

Ja, das war ein Ansporn für mich und eine große Anerkennung.

Kindheitserlebnisse haben in den meisten Künstlerbiografien eine große Bedeutung.
Kannst Du Dich erinnern?

Ich erinnere mich gerne daran, daß ich als Kind im Garten ein Piratenschiff und einen Aussichtsturm gebaut habe. Alte Nägel vom Opa wurden wiederverwendet.
Ich habe das große Glück, eine Zwillingsschwester zu haben. So war ich nie allein.

Du bist gerade nach Hamburg gezogen. In Hamburg beginnt nun ein neuer Lebensabschmitt.

Lustig ist es, daß ich am Tag des Offenen Denkmals in Werben auf dem Hoffest bei Liesi meine ersten Hamburger Kontakte knüpfen konnte.

Der Titel der Ausstellung „Hamburg-Köln- und dazwischen die See“ ist mit Gerwißheit nicht zufällig gewählt.

In Hamburg bin ich geboren, habe dort erst Erfahrungen gemacht. Für mich war es wichtig, mich nach dem Abitur auf den Weg zu machen. Das passierte mit dem Studium. Dann kam Köln mit vielen neuen Erfahrungen, einem bunten Leben.
Ich war Teil der alternativen Kunst- und Kulturszene. In Köln war eines meiner Lieblingsmuseen das KOLUMBA. Dort wurden vor kurzen ja auch liturgische Geräte aus der Werbener Johanniskirche in einer internationalen Ausstellung gezeigt. Die Begegnung von mittelalterlicher und moderner Kunst im KOLUMBA ist wunderbar.
Jetzt kehre ich zurück mit meinen neuen Erfahrungen und als Malerin.
Ein Haus und ein Atelier warten auf mich.
Außerdem viele Kunstorte wie die Hamburger Kunsthalle, die Deichtorhallen…
Ich werde auch in Hamburg zum ersten Mal Arbeiten der Öffentlichkeit vorstellen.
„-und dazwischen die See-„ Die See ist die Verbindung zur Welt. Hamburg wird nicht umsonst als Tor zur Welt bezeichnet mit seinen Hafenanlagen, den großen Schiffen.
Die Ernsthaftigkeit des Nordens, die Strenge passen gut mit meinem Charakter zusammen.
Partys und Lärm sind nicht meine Sache. Interessante und tiefe Gespräche viel eher. Da ist es nicht verwunderlich, daß ich häufig auch gerne mit älteren Leuten zusammen bin.

Zur Ausstellungseröffnung wird Alexandra Heimberger „Lieder für die Seemannsbraut – eine hommage an Bianka Schröder“ singen.

Ja, Alexandra hat jahrelange Erfahrungen als Schauspielerin und Sängerin. Ich freue mich sehr, daß wir an einem gemeinsamen Vorhaben arbeiten.
Wir sind Cousinen und Freunde. Ich kenne das Programm nicht und lasse mich überraschen.
Eins freut mich besonders. Die Lieder für die Seemannsbraut passen gut zu Hamburg als Seefahrer-
Stadt.
Ende………………………………………